Bergfexin

Australien

Australien kommt einem jetzt nicht unbedingt als erstes in den Sinn, wenn man an Reiseziele zum Bergwandern denkt. Der höchste Berg Australiens ist nur schlappe 2228 Meter hoch und im Vergleich zu unseren Alpengipfeln ein unspektakulärer Grashügel. Dennoch, je nach Ansicht handelt es sich beim Mount Kosciuszko um einen der Seven Summits (Liste von Bass). Messner dagegen ist der Meinung, der indonesische Puncak Jaya sei der höchste Gipfel des Kontinents Australien und Ozeanien, da die beiden Gipfel auf der gleichen Kontinentalplatte liegen. Wer auch immer nun Recht hat, ich hatte aufgrund Jobwechsel den kompletten Februar frei und wollte irgendwohin, wo es sich a) für zwei Wochen nicht rentieren würde, b) es gerade Sommer ist und c) als alleinreisende Frau sicher. Die Neuseeland Südinsel wäre mein Wunschziel Nr. 1 gewesen, aber so viele tolle Berge ohne Seilpartner? Zu frustrierend. Die Nordinsel würde für 4 Wochen zu wenig bieten (dachte ich und wurde eines Besseren belehrt). Also eine Kombireise Australien-Neuseeland-Nordinsel. Wenn man eh schon mal «in der Ecke» ist… Meine Reise startete auf dem australischen Festland, genauer gesagt in Melbourne. Auf der Karte schaut es aus, als wäre es nicht weit zum Mount Kosciuszko. Tatsächlich sind es 570 km und 7 Stunden Autofahrt. Um nicht zwei komplette Tage im Auto zu verlieren, beschloss ich, auf dem Weg dorthin noch den Mount Bogong mitzunehmen, der als einziger Berg in der Ecke noch eine Schartenhöhe von über 1000 Meter aufweist und der höchste Berg des Bundesstaates Victoria ist. Ein Tag Reserve für Schlechtwetter war auch eingeplant und wurde prompt benötigt – allerdings erwies sich das Wetter im Mount Buffalo National Park als gar nicht so schlecht und obendrein war der Besuch absolut lohnend. Die Rückfahrt von New South Wales nach Melbourne zog ich an einem Tag durch. Bei 35° sitzt man eh gerne im Auto mit Klimaanlage… am Abend musste ich mir aber dennoch etwas die Beine vertreten und besuchte dazu den Mount Macedon Regional Park nördlich von Melbourne, wo es immerhin zwei «1000er» zu besteigen gibt. Danach ging es weiter ins Outdoorpaardies Tasmanien. Die Hauptstadt Hobart ist durch ziemlich günstige Flüge mit Melbourne verbunden.
Tasmanien oder «Tassie», wie die Australier ihren kleinsten Bundesstaat liebevoll nennen, ist ein Outdoorparadies. Etwa ein Viertel der Insel ist als UNESCO-Weltnaturerbe ausgewiesen, zu 37 % besteht die Insel aus Nationalparks, die gut mit Wanderwegen erschlossen sind. Wobei die Wanderwege durchaus höhere Ansprüche an die Wandernden stellen, als wir aus den Alpen gewohnt sind. Will man in die Wildnis vorstossen oder alpine Gipfel besteigen, kommt man um ein Zelt oft nicht herum. Die zahlreichen Blockfelder und üppige Vegetation machen viele Touren länger und anspruchsvoller, als sie auf der Karte aussehen. Dazu kommt das launische Wetter – Tasmanien liegt in den «Roaring 40s» – da kann es schon mal vorkommen, dass mitten im Sommer auf den Bergen Schnee fällt. Will man Tasmanien zum Bergsteigen besuchen, sollte man sich dafür einen Monat Zeit nehmen. Ich hatte für die Insel (unwissend, wie schön es dort ist!) nur 9 Tage eingeplant und konnte einige meiner Gipfelziele – inklusive dem Landeshöchsten Mount Ossa! – aufgrund des teils berguntauglichen Wetters nicht realisieren. Zum Glück gibt es auch einige schöne Küstenwanderungen oder einfache, kurze Wege zu Sehenswürdigkeiten, die sich auch bei weniger stabilem Wetter unternehmen lassen. Leider ist Tasmanien aus europäischer Perspektive wirklich am anderen Ende der Welt, ich würde sonst jeden Winter in den Australischen Sommer fliegen.
Tagestouren auf alpine Gipfel, wie wir sie aus den Alpen kennen, sind in Tasmanien rar. Viele liegen fernab der Zivilisation und erfordern ein mehrtägiges Trekking, oft mit Zelt. Es gibt zwar Berghütten, diese sind jedoch mehr Schutzhütten und bieten wenig Komfort. Der nach Edmund Hillary «einzige richtige Berg Australiens», Federation Peak zum Beispiel ist nur in einem fast 1-wöchigen Zelttrekking über zugewachsene und sumpfige Pfade erreichbar. Der höchste Berg der Insel – Mount Ossa – ginge immerhin als 2-Tagestour mit Hüttenübernachtung oder für ganz fitte sogar an einem Tag (knapp 40 km!). Zur schweren Erreichbarkeit kommt, dass viele Gipfel anspruchsvoll sind. Sicherungen in Form von Drahtseilen oder Trittbügeln kennt man in Tasmanien nicht. Die höheren Gipfel bestehen aus Doleritgestein, das zwar einen super Grip zum Klettern hat, aber oft senkrechte Säulen bildet, denen nicht ganz so einfach beizukommen ist (z.B. Mount Anne). Der Federation Peak wäre nach europäischer Klassifikation ein richtig harter T6. Einfachere, leichter erreichbare Gipfel sind der Cradle Mountain (die angeblich schönste «Wanderung» Tasmaniens, Hartz Peak, Mount Field oder Mount Rufus.
Tasmaniens Aushängeschild ist der Fernwanderweg Overland Track, ein 6-tägiges Hüttentrecking durch durchs den Cradle Mountain Lake St. Clair National Park. Daneben gibt es zahlreiche weitere beliebte Fernwanderwege, die teilweise im Voraus gebucht werden müssen, um den Besucherandrang zu reduzieren. Aber auch an Tagestouren mangelt es nicht, von der tagesfüllenden Gipfelbesteigung bis zum 1 km langen Spazierweg gibt es auf Tassie für jedes Niveau etwas. Der Tasmania Parks & Wildlife Service hat die 60 schönsten Tageswanderung hier zusammengestellt. Viele der kurzen Touren kann man auch bei nicht ganz so stabilem Wetter begehen und wenn es in den Bergen regnet und windig ist, kann an der Küste durchaus angenehmes Wanderwetter sein.

Mount Wellington / Kunanyi 
Der Mount Wellington ist der Hausberg der Tasmanischen Hauptstadt Hobart. Der Gipfel bietet einen wunderbaren Ausblick über die Küste rund um Hobart. Man kann mit dem Auto bis auf den Gipfel fahren, was von Hobart gut eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nimmt. Oder man kann den Berg auf diversen Routen erwandern. Auf dem Gipfel steht ein kleines Häuschen, in dem man neben Windschutz allerlei Infotafeln mit Wissenswertem zur Besteigung und Erschliessungsgeschichte des Mount Wellington gibt. Daneben gibt es noch zwei Aussichtspunkte, wo man die Instagrammer dieser Welt trifft… Auf dem Berg ist es um einiges kälter als unten in Hobart, als ich oben war, begann es sogar zu schneien!

Tasman Blowhole, Tasma Arch & Devil’s Kitchen  
Im Tasman Nationalpark, südlich der Siedlung Eaglehawk Neck, gibt es drei leicht zu erreichende Sehenswürdigkeiten: Das Tasman Blowhole, eine eingestürzte Meereshöhle, durch die das Meerwasser bei starkem Wellengang mit Druck schiesst. In der Nähe befinden sich zwei weitere geologische Sehenswürdigkeiten, welche durch einen kurzen Rundweg verbunden sind: Der Tasman Arch ist ein mächtiges Felsentor mit Durchblick zur Küste. Die Devils Kitchen ist ein ca. 60 m tiefer Spalt an der Küste, in dem das Wasser wie in einer Teufelsküche brodelt. Und schliesslich der Cliffs Lookout Point, der einen wunderbaren Ausblick über die zerklüftete Küste bietet.

Bonorong Wildlife Sanctuary 
Viele der tasmanischen Tiere bekommt man in freier Wildbahn kaum zu Gesicht. Im Bonorong Wildlife Sanctuary kann man viele der scheuen Arten wie Tasmanische Teufel, Wombats, Echnidas, Possums, Quolls und Vögel ganz aus der Nähe erleben. Die zahlreichen frei im Parkgelände umherstreifenden Kängurus sind dagegen sehr zutraulich und können gefüttert werden. Mit dem Eintritt unterstützt man die Rettung und Versorgung verletzter Wildtiere. In Tasmanien gibt es leider sehr viele Strassenunfälle mit Wildtieren. Falls das Tier den Unfall überlebt, wird es zur Versorgung ins Sanctuary gebracht und danach wieder ausgewildert.